Hanna Burkart

Foto: Rebhandl

Hanna Burkart, 35, ist “Schlafkünstlerin” (https://www.hannaburkart.com/)

Mit "Hanna, geh endlich ins Bett!" konnte man sie schon als Kind nicht zu den Sandmännchen schicken, denn sie wollte justament nie im eigenen Bett schlafen. Auf der Couch, auf dem Boden, unter einem Tisch, in einer Kiste – gerne! Aber eben nicht im eigenen Bett. Nun hat sie seit acht Jahren keinen fixen Wohnsitz mehr und schläft im Rahmen ihres Kunstprojekts "Schlafen International" gerne auch mal auf einer Kegelbahn, auf einem Grabstein, in einem Schwimmbecken, auf einem Altar, auf einer Wirtshausbank oder in einem leerstehenden Jagdhaus über dem Comer See.

Bestenfalls ein See, eine Feuerstelle, ein Garten oder eine gut ausgestattete Bibliothek könnte sie irgendwann einmal wieder zur Sesshaftigkeit verführen. Bis dahin muss sie ihre Bücher überallhin mitnehmen, so wie im zurückliegenden Winter Ryszard Kapuścińskis Afrikanisches Fieber: "Ich kannte den vorher nicht, das Buch hat mir ein Freund geschenkt, der sagte: Wenn du im Senegal bist, lies es!" Sie ist ja sonst eher skeptisch Tipps gegenüber, aber dieses Buch hat sie dann in einer Woche ausgelesen. Es vermittelte ihr "die Seele Afrikas", wie das so schön heißt, "die ich selbst immer versuchte zu begreifen. Es ist eine ganz andere Welt, und obwohl ich oft dort war, verstehe ich bis heute so vieles nicht."

Beispielsweise ging sie letzten Winter jeden Tag an den Strand in der Region Casamance: "Da war einer in seiner Hütte und hat Orangensaft verkauft, ich war jeden Tag seine einzige Kundin, und jedes Mal fragte er mich: Wie geht’s? Ich antwortete immer: Ach, ich mache das und plane jenes – die Möbel, das Haus, den Garten. Ich mache, mache, mache, weil das dort ein kreatives Paradies ist! Und wenn ich ihn fragte, was er so macht, sagte er immer: Nichts. Er saß einfach nur da und schaute hinaus auf das Meer ..." Kapuściński schreibt dazu: "Diese Menschen besitzen eine fantastische Fähigkeit zu warten. Sie nehmen die Zeit ganz anders wahr als wir Europäer." Und sie? Kann sie auch warten? Nun sitzt sie einfach nur da und schaut beim Fenster hinaus auf den Regen ... (Manfred Rebhandl, 15.6.2024)

Zurück
Zurück

Constanze Weiss

Weiter
Weiter

Mariusz Demner