Kurt Palm
Sein Held der Kindheit war Robinson Crusoe aus Daniel Defoes gleichnamigem Buch. Mit dem Bruder zusammen baute er sich ein Floß, auf der Landkarte schauten sie sich an, wie sie zu dessen Insel kommen könnten: Bei der Eisenbahnbrücke in Timelkam stiegen sie in die Vöckla, hundert Meter weiter beim Gasthaus Heikertinger stiegen sie patschnass wieder heraus und liefen zur Mama, die ihnen einen warmen Kaukau machte. Diesen Luxus kannte Robinson nicht.
Zeit zum Lesen
Die Sommer verbringt er meist in seinem Haus am Attersee: "Da nehme ich mir Zeit für die 800-Seiten-Schinken!" Am liebsten liest er dann in der Hängematte im Hawaiihemd, mit Strohhut und Sonnenbrille: "Das Outfit muss passen!" Ab und zu, wenn es besonders heiß ist, schläft er dabei ein, aber spätestens, wenn der nächste Bauer mit dem Mistwagen durchfährt, wacht er wieder auf. Mit dem Mist der Bauern verbindet ihn eine Kindheitserinnerung: Bei der Tante lief er immer in den Kuhstall und schaute den Kühen beim Scheißen zu. Dann lief er voll Freude in die Küche und teilte der Tante mit: "Die Kuah scheißt! Die Kuah scheißt!" Und alle freuten sich mit ihm.
Das Herz der Finsternis nennt er "einerseits ein Abenteuerbuch, anderseits eine Abrechnung mit dem Rassismus und Kolonialismus im England des ausgehenden 19. Jahrhunderts". In der unglaublichen Brutalität den Afrikanern gegenüber erkennt er Parallelen zu heute. Er war dann sogar selbst mal am mächtigen Kongo und bereiste einen Teil des Stroms für eine Woche auf einer Piroge. "Es war unglaublich beeindruckend! Wir Europäer durften das Wasser nicht einmal berühren, weil wir sofort krank geworden wären, die Kinder aber schwammen darin herum." Die Rechnung dort geht so: "Eine durchschnittliche Familie hat acht Kinder, zwei überleben und sind dann so robust, dass sie zu Fuß bis nach Marokko gehen können." Das große Ziel heißt Europa. Ein Sehnsuchtsort ist der Kongo für ihn nicht mehr. "Sehnsuchtsorte hab ich mir abgeschminkt, seit ich weiß, dass es überall auf der Welt gleich beschissen ist." Auch am Attersee im Sommer? "Dort wär es ja ganz okay, aber halt ohne Menschen!" (Manfred Rebhandl, 30.6.2023)