Nora
Foto: Rebhandl
Nora ist 47, es geht ihr gut. Ich treffe sie bei einem Freundinnenflohmarkt am 3. Adventsonntag im Kochclub Kühn am Kühnplatz 4 in 1040 Wien, „den kann man mieten beim Horst für Partys oder Kochabende, der ist extrem cool und superelegant.“
Da hat sie recht.
Sie verkauft hier heute ihre WalkOn-Stöcke. Die Basic-Edition besteht aus Rattan, “das ist ähnlich wie Bambus, nur innen gefüllt und mit einer schönen, natürlichen Oberfläche.“ Das Advanced-Model ist aus Esche und wird in Niederösterreich gedrechselt.
„Die Idee war ein Stock, auf dem man sich selbst die Füße massieren kann.“ Selbst praktiziert sie „Das Gehen auf dem Stock“ seit fünf Jahren, „es wurde mir von einer Shiatsu-Therapeutin empfohlen, weil ich, wie sie sagte, keine Erdung hatte. Ich war ganz heiß oben im Kopf und alle Energie staute sich da oben.“
„Der Fuß bildet den Rumpf und den Kopf des Menschen ab, von der Kopfspitze bis zum Sitzbein kannst du auf deinen Füßen deinen ganzen Körper abscannen, vom Ballen bis zu den Zehenspitzen. Und zwar, indem du über den etwas sanfteren Basic-WalkOn gehst oder über den etwas intensiveren Advanced.“ Das Gehirn beispielsweise „befindet“ sich in der Großen Zehe, das Geschlecht an der Innenseite der Ferse.
„Den meisten tut das natürlich weh, weil sie total verspannte und vernachlässigte Füße haben, die überhaupt nie stimuliert werden.“ Und was tut man dagegen? „Man steht dabei mit beiden Füßen gleichzeitig auf dem Stock und geht vom Ballen bis zur Ferse die Sohle ab, wobei jeder schnell herausfindet, wo es für ihn am schmerzhaftesten oder angenehmsten ist.“
Auf der Homepage gibt es eine Anleitung: https://www.walkon.me/
Mittlerweile hat sie mehr als 30 Fans, manche davon hardcore: „Die haben schon mehrere Stöcke gekauft!“ Diesen - und den meisten, die es probieren -, geht es besser, sobald sie das zehn Minuten gemacht haben. „Dann kommen sie mit leichter Verzögerung zu mir und sagen: Du, ich hab das jetzt gemacht, das fühlt sich urarg an, urflashig, es hat sich was gelöst!“
Die Welt wäre gewiss eine bessere, wenn alle auf ihren Stöcken stehen und gehen würden. Vor allem auch die Leute aus der Drehbuchbranche.
Denn in der treibt sie sich hauptberuflich herum als Autorin und Regisseurin von Krimis für Fernsehen und Kino. „Der Beruf ist sehr prekär und volatil, ein sehr schwieriges Geschäft, das ich mit all dem Druck und Wettbewerb gar nicht aushalten würde, wenn ich nicht diesen Stock für mich entdeckt hätte.“
Seit sie darauf geht und steht, ist sie deutlich ruhiger und eben … geerdeter. Obwohl die erste Rate für den Tatort, den sie nun schon für das neue Ermittlerpaar schreiben wird, noch auf sich warten lässt. Nur zur Info für alle, die nicht in diesem Geschäft arbeiten: „Es wird einem zunächst ein Minibetrag für eine Option bezahlt, man muss sich dafür aber schon alles von hinten bis vorne überlegt haben. Dann passiert einmal nichts, und niemand informiert einen über irgendetwas …“
Da hilft meist nur noch der Stock.