April, April!

Aus dem Leben eines Superschnüfflers


April, April!

Ich war extrem schlecht gelaunt, als frühmorgens der erste Anruf hereinkam, und ziemlich gut, als ich wieder auflegte, aber so war ich nun mal: Launisch wie der April! Ich sagte: „Superschnüffler Rock Rockenschaub löst auf alle Fälle alle Fälle, was kann ich für Sie tun?“ Und hörte: „Hallo Rocky! Gibt es heute Gratis Duftbaum den gansen Tag oben bei Manni von Billigtankstelle, alle Richtungen von Duft!“

„Auch Fichte?“

„Auch Fichte!“

„Sehr schön. Aber sag bitte nicht Rocky zu mir. Ich heiße Rock wie der Felsen und nicht Rocky wie das Felschen.“

Ich war so begeistert von dieser Neuigkeit, dass ich, während ich aufstand, in die Latschen schlüpfte, mir das Öl in die Haare gab und die Brille auf die Nase setzte, gar nicht darüber nachdachte, wie bescheuert sich dieser Anruf anhörte. Und während ich mir aufgeregt den ersten Becher Russenschnaps hinter den Zaun kippte, fand ich nicht einmal die Muse mich zu fragen, von wem er überhaupt kam.

Ich wollte nur noch hinauf zu Manni, um mir meinen Duftbaum zu holen und an den Rückspiegel zu hängen,  aber der musste mir leider sagen, dass es gar keine Gratis-Aktion gab.

„Auch nicht Fichte?“

„Auch nicht Fichte.“

Als er mir stattdessen die neue, noch verschweißte Ausgabe von Piston Sluts in die Hand drückte, dem Hochglanzmagazin aus Detroit, das dortige Automechanikerinnen mit sehr viel Motorenöl auf ihnen und jeder Menge Werkzeug in ihnen zeigte, stach mir das Wort April in die Augen, und ich fragte: „Ist denn heute der Erste?“

Nun hatte ich wieder in der Nase, wie sehr der Anruf nach Zwiebel gestunken hatte, und sogar das Kebab, das sich der Anrufer während des Telefonates aus den Zahnzwischenräumen saugte, hatte ich nun wieder in den Ohren, aber vorhin war ich einfach blind vor Begeisterung, während ich nun blind vor Wut war. Denn diese verdammten Daltons, vier anatolische Ziegenhirten, die etwas unterhalb von Dirty Willis Swedish Pornhouse, in dem ich arbeitete, ihren Schweinkramladen Türkpörn betrieben, hatten mich, den Superschnüffler, in den April geschickt!

Ich lenkte meinen Datsun 280ZX mit den Piston Sluts auf dem Beifahrersitz und einem reduzierten 2 Euro Duftbaum „Fichte“ am Rückspiegel hinüber zum Pornhouse, ging hinauf zu Willi ins Büro, tippte etwas auf seiner Schreibmaschine, und kopierte den Zettel dann tausendfach mit seinem Kopierer: TÜRKPÖRN – Heute ALLES gratis! Dazu Anschrift und Telefonnummer.

Danach holte ich mir zwei langbeinige Nutten vom Straßenstrich, drückte ihnen die Papiere und etwas Geld in die Hand, und ließ sie das Werbematerial am oberen und unteren Ende der Friedmanngasse, in deren Mitte sich das Türkpörn befand, verteilen.

Vom Auto aus, in dem ich einen guten Blick auf den Ziegenstall der Daltons hatte, schaute ich mir den ganzen Tag lang an, wie es davor zu Staus und Schlägereien kam, weil die vier Bartträger schlicht abstritten, dass es heute bei ihnen alles gratis gab. Und nur wenn der Aprilregen auf meine Frontscheibe prasselte oder ich schlicht zu viel geraucht hatte, sodass das Innere meines Wagens vollkommen benebelt war, warf ich einen scheuen Blick auf Mandy aus Detroit, die gerade einen Wagenheber dort verschwinden ließ, wo es noch eine Spur besser roch als hinter meinem Rückspiegel.

https://buchkontor.buchkatalog.at/das-schwert-des-ostens-9783709979495

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Frühjahrsmüde

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Ludmilla