Pornodreh - Weißer Spritzer im Bierlokal
Foto: Manfred Rebhandl
Angeboten - abgelehnt!
Texte, die keine Zeitung bringt
Die Funmovies Production ist im Amateur-Pornobusiness aktiv, ich habe einen Dreh in einem Wiener Bierlokal besucht.
29.06.2019
Wir sind in einem kleinen Bierlokal im 7. Wiener Gemeindebezirk, an einem sehr heißen Sonntagnachmittag in einem insgesamt sehr heißen August. Hier herinnen wird es aber gleich noch heißer werden, denn die Funmovies Production (https://www.funmovies.at) dreht einen ihrer beliebten Amateuerpornos, für den die Austrian Pornsisters July und Josy extra aus Klagenfurt angereist sind. Zwei hübsche, braun gebrannte Girls, die Sex zu ihrem Beruf gemacht haben.
Als Amateure dazu treten heute an: „Spritzmeister“ Peter, ein in über 60 Produktionen geeichter Routinier; Jungkoch Lukas, der schon ein paar Mal mitmachen durfte; und Newcomer Daniel, der heute das erste Mal ran darf. Verantwortet wird der Dreh von Thomas, dem Produzenten. Unterstützt wird er von Thomas, der die zweite Kamera „führt“ und das mittlerweile ansehnliche Archiv der Firma verwaltet. Arbeitstitel der heutigen Produktion: „Weißer Spritzer.“ Die Doppeldeutigkeit ist durchaus beabsichtigt.
Im „Drehbuch“ steht: Josy und July verlieren gegen „Spritzmeister“ Peter beim Würfelpoker und sind plötzlich nackt, bis auf die obligatorischen High Heels. Diese Szene ist bereits abgedreht, und mit Peter lief alles nach Plan: Anal, oral, vaginal, dazu als besonderen Gusto für ihn ein „Rimjob passiv“, den er durchaus genossen hat. Nach dem ersten „Weißen Spritzer“ für die Damen machen die sich hinten im sehr kleinen Toilettenbereich des Lokals wieder frisch. Küchenrollen heißen bei so einem Dreh Pornorollen und sind das vielleicht wichtigste Requisit überhaupt.
Nach kurzer Pause verlagert sich die Handlung an die Bar. Newcomer Daniel hat sich über einen Freund für den Dreh beworben. Das kann jeder machen, der dabei nicht nur sein erregtes Geschlechsteil, sondern auch sein erregtes, am Ende entspannt glückliches Gesicht filmen lässt. Jocy fragt ihn neckisch, ob er für ihre Schwester einen „weißen Spritzer“ hätte? Hat er dann aber trotz all ihrer Bemühungen sehr lange nicht. Der Cumshot, die im Porno verkaufsnotwendige Ejakulation des Mannes meist in den Mund/das Gesicht der Darstellerinnen, mag ihm nicht gelingen. „Stellen wir die Barhocker zusammen, dann kannst du dich hinlegen?“, fragen ihn die Sisters mitfühlend. „Oder magst eine Pause machen?“
Man geht hier unterstützend miteinander um, die Stimmung ist ausgesprochen freundlich. Und Peter, der Routinier, fühlt mit seinem Kollegen: „Jetzt tut er ihm sicher schon weh. Ein Spaziergang täte ihm gut, zur Abkühlung, zur Entspannung.“ Vorsorglich hat Peter schon mal wieder selbst die Hose ausgezogen, falls man ihn noch einmal braucht. „Spritzmeister“ heißt einer nicht ohne Grund. Es gibt sogar eine Sammel-DVD dieses Titels mit ihm in der Hauptrolle. Seine Meisterleistung: Einmal benetzte er gleich einen mit Leder überzogenen Lüster, der sicher eineinhalb Meter über der Abschussstelle hing. Vielleicht drei Meter.
Trotzdem kennt natürlich auch er solche Situationen, die er aber nicht „Hänger“ nennen würde, sondern wie im Fußball „übertriebene Härte“. „Du bist kurz davor, zu spritzen, es braucht noch zwei Stöße, aber dann hörst du irgendwo etwas, was nicht in dein Konzept passt.“
Peter war 28, als er auf der damals ersten österreichischen Erotikmesse in St. Pölten einen recht schrillen Riesenlackl mit großen, rot umrandeten Brillen traf: Fred Aram, den Gründer von Funmovies. Er stellte sich ihm als pornobegeistert vor, und Fred gab ihm seine Karte. Der suchte damals sowieso ständig Darsteller über Inserate in der Kronenzeitung, Rubrik: Diverse Jobs. Anforderungen an Körper- oder gar Penisgröße gab es nicht, im Gegenteil: Fred suchte gerade das Amateurhafte und etablierte so seine Geschäftsidee: Normale Männer und Frauen, schlank bis mollig oder gar „Tschuldigung, auch blaaad“. Sogar Omas sind immer willkommen.
Peter füllte einen Fragebogen aus über seine Vorlieben und Tabus, und kurz darauf rief ihn Fred zum ersten Dreh: Ein Ehepaar reiste aus der Steiermark an, er war groß (in jeder Hinsicht), sie mollig, beide um die 40. Gedreht wurde beim Chef selbst, dessen große Wohnung auch sein Studio war, und später in dessen großem Haus mit wildem Garten in Sulz. Peter war aufgeregt, und zwar „sehr, sehr, sehr“ Trotzdem kam er nach einer langen Nacht erst zum morgendlichen Läuten des Weckers nach Hause, nachdem er alles gemacht hat, was ihn „Sternderln sehen“ ließ - Strap-on und Fisting inklusive.
Wenn schon, denn schon.
Peter ist bisexuell und würde an der Bar im Bierlokal jetzt sofort helfend eingreifen, wo beim vergleichsweise harmlosen Blow- und Handjobprogramm, dem Daniel unterzogen wird, noch immer nichts weitergeht. Hand, Mund, hart, zärtlich, zwei Hände, zwei Münder – nix. Pornos drehen bedeutet harte Arbeit, die den Männern – zumindest in Österreich – aber nur dürftig entlohnt wird. 30 Euro kriegt Peter heute, früher waren es immerhin auch mal „über Tausend Schilling, in Schilling hab ich jedenfalls mehr verdient.“ Auch umgerechnet. Und als der Fred noch Content für Goldwin (den Dolly Buster Verlag) geliefert hat, da kriegte er sogar noch 300 dazu, in D-Mark.
„Jetzt nicht mehr angreifen!“, rät er seinem Kollegen, den Brennstab vorerst in Ruhe zu lassen, denn: „Der ist heiß genug!“ Aber wenn sich der Erguss gar nicht einstellen mag, weiß Peter, dann muss man halt faken: „Mit Maresi, mit Joghurt.“ Bei ihm geht es Gott sei Dank (fast) immer, bis auf „vielleicht zehn Mal“, wo auch er einen Spaziergang brauchte. Der Ablauf ist dann immer der Gleiche. Zuerst wird „angeblasen“, dann wird geschaut, ob das Licht passt. Dann Action.
Als Peter sich das erste Mal auf Video sah, dachte er: „Das hättest du auch besser machen können!“ Er ist sich – obwohl durchaus cocksure, wie der Amerikaner sagt -, seiner selbst nach wie vor nicht hundertprozentig sicher, sieht sich ja nicht nur als Penis, sondern als Schauspieler. „In meiner Rolle will ich gut sein. Und der Text soll halbwegs gerade rüber kommen.“ Wobei „Text“ natürlich relativ ist. Es geht um Sätze wie „Na, baby? Möchtest du ihn tiefer?“ Und natürlich um „Ah!“ und „Oh!“
Nur selten gibt es „anspruchsvollere“ Produktionen wie jenes Halloween- und Hexenmovie, in dem Peter „als kleines Mönchlein mit Kutte grottenschlecht“ war. Er musste damals aber auch zweieinhalb Stunden auf seinen Einsatz warten, und „da ist es mir vergangen. Ich hab nix daraus gemacht und war extrem unzufrieden.“ Nach diesem Fiasko ist aber auch die Produktionsfirma wieder von Kostümschinken auf „einfachere“ Geschichten umgestiegen. „Unsere Drehbücher müssen auf eine Zündholzschachtel passen“, erklärt Thomas, oder wie heute auf einen Bierdeckel.
Eine halbe Stunde noch bis 18 Uhr, die ersten regulären Gäste des Bierlokals klopfen bereits an und werden weggeschickt: „Kommts später wieder!“ Die (Wein-)Spritzer werden längst aus dem Halbliterglas getrunken, während die Pornsisters auf den aus Daniels Gemächt noch immer warten. Die Stimmung ist trotzdem ausgelassen und wird sogar immer lustiger, weil der Kellner des Lokals, der bekleidet bleibt und für ein paar Dialoge im Film gebraucht wird, eine Wuchtel nach der anderen schiebt („Ich bin wie eine Waschmaschine. Ich funktioniere nur, wenn ich zu bin…“)
Mit wie vielen Partnerinnen Peter während seiner Karriere bereits drehte, kann er nicht mehr genau sagen, er schätzt „eher 60 als 100.“ Absoluter Höhepunkt war ein Dreh mit Cora Kitty, „die leider aufgehört hat“. Privat ist er mit seiner Helga glücklich, „die ein superlieber Mensch ist“, den er vor mittlerweile fünf Jahren kennengelernt hat. Auch er hat nämlich ein Bedrünfnis nach Zärtlichkeitund Geborgenheit, und letztes Wochenende hat er sogar einen Dreh abgesagt, weil er lieber mit Helga ins Grüne fuhr.
July und Jocy sind noch relativ neu im Geschäft, sie freuen sich schon wieder auf die „Venus“, die große Erotikmesse in Berlin. Da sind sie letztes Jahr „drei Tage lang nackert herumgelaufen, und gepudert haben wir praktisch die ganze Zeit.“ Nachdem sie Daniel doch noch erlöst haben, kommt in der zweiten Pause eine Anfrage via Smartphone herein: Ob sie auch getragen Höschen verkaufen? Vieles läuft über Social media, und Josie beginnt sofort zu rechnen: „Für 25 Euro zahlt sich das nicht aus, oder?“ Aber zur Venus wird sie welche mitnehmen, anziehen und „einmal durchziehen“. Und der Interessent, der dann zuhause mit dem Höschen Spaß haben will, darf es ihr sogar ausziehen. „Macht 50. Mit Foto dazu 75!“ Auch Kleinvieh macht Mist, und kleine „durchgezogene“ Höschen erst recht. Dem Kellner fällt dazu ein Witz ein: „Wie hat der Pinoccio gemerkt, dass er aus Holz ist? Als er sich beim Wichsen fast angezündet hat.“
Dann schreit der Produzent: „Aussa mit de Tepf, es gibt Nudel!“ Die von Lukas diesmal, dem Koch Anfang zwanzig, der einen „Gast“ spielt, der kein Geld mit hat und die Schulden bei den „Kellnerinnen“ mit seiner Manneskraft abbezahlen wird. Er tut das in der folgenden halben Stunde richtig gerne, also richtig gerne. Als er nach July Josy „ran nimmt“, schreit er: „Maah, die ist ja noch geiler!“ Was July locker wegsteckt. Und auch Lukas wird es mit zunehmendem Alter lockerer angehen lassen, davon ist Peter überzeugt. „Hast du den Schwanz eh drauf?“, fragt der Produzent den zweiten Kameramann. Den Schwanz nicht drauf zu haben, wäre einer der gröberen Fehler, die man bei so einem Dreh machen könnte.
Peter zeigt mir zum freudigen Gestöhne im Hintergrund ein paar seiner DVDs, Erinnerungen an eine große Karriere. Auf einer ist er mit Großmüttern zu sehen, sogenannten „Grannies“. Warum die da mitmachen? „Naja, wann kommt eine Oma schon zu Sex mit jungen Männern?“, fragt er. Beim Schneiden aber, sagt Thomas, würden ihn diese Szenen schon ein wenig Überwindung kosten, nicht nur wegen der „Brunzbusch’n“, die dann schon mal titelgeben sein können.
Thomas hat Graphische Datenverarbeitung studiert und dann jahrelang in der Multimedia-Branche gearbeitet: „3-D-Animationen, Visualisieren von Messeständen usw. Weil sein Techniker-Herz in all dem zu kurz kam, war auch er froh, dass er vor zwanzig Jahren den legendären Fred kennen lernte, der ihm das Schneiden der Filme und dann auch bald die ganze Datenbank anvertraute. Die DVDs, sagt er, gehen nach wir vor gut und werden über einschlägige Foren bestellt.
July liegt nun nackt unter dem Zapfhahn und lässt schäumendes Bier in ihren Mund laufen, was gutes Zusatzmaterial hergibt – „Durch die Nase atmen! Mädel, du musst schlucken!“ Was July lachend kontert: „Aber keinen Schaum! Geschnitten wird heute nicht mehr. Einen Teil des Gedrehten werden sie an die online-Plattform der Deutschen Telekom verkaufen. Der Kellner hat dann noch einen Witz. Aber der ist wirklich nicht mehr ganz jugendfrei.