Der Pinball Wizard
Foto: Christian Fischer
Robert Hödl ist einer der letzten Restauratoren von Flipper-automaten. Bis in die 1980er-Jahre dauerte der Boom, dann war es vorbei.
04.04.2023 im STANDARD
Robert Hödl, 1962 geboren, wuchs im Niederösterreich der 1970er-Jahre auf. Nach der Schule, in den Landgasthäusern oder auf den Kirtagen, kam er erstmals mit damals noch mechanischen Flippern in Kontakt. "Das war ein Zeitvertreib damals", erzählt er. "Viel anderes gab es ja nicht, außer vielleicht noch Wuzler." Ein Spiel am Flipperautomaten kostete einen Schilling, später zwei, irgendwann gabʼs zwei Spiele für fünf Schillinge, plus die Freispiele. "Die Eltern waren froh, dass ich beschäftigt war. Meistens habe ich mit zehn Schillingen pro sechs Spiele vielleicht eine Stunde gespielt, insgesamt waren es zwei oder drei Zehner pro Woche, die ich hineingehaut habe." Für die Wirte war das ein Geschäft. Gerüchteweise hatten manche Geldsäcke zu Hause stehen.
Der Fan-Tas-Tic
An ein Landgasthaus erinnert sich Hödl besonders gerne. Nicht weil es gleich neben der Schule lag, sondern weil darin ein Fan-Tas-Tic stand, ein Flipper der Firma Williams Electronics. Erst viel später, als er sich wirklich intensiv und professionell mit der Materie beschäftigte, erfuhr er, dass dieser Flipper 1972 im Umfang von 5.680 Stück hergestellt und von Norm Clark, einem Star der Szene, entworfen worden war. Der Fan-Tas-Tic faszinierte ihn, gekauft hat er dann aber "so mit 14 einen Beat-Time", der im Fahrwasser des damaligen großen Erfolgs der Beatles wieder von Williams Electronis hergestellt (Stückzahl: 2.802) und von Steve Kordek designt worden war. Die Transparentscheibe aber zeigte den Namen "The Bootles", weil mit den Beatles wohl keine Lizenz vereinbart wurde. Wie er an den gekommen ist? "Gasthäuser kauften damals neue und verkauften die alten. Ich habe ihn ausgesteckt und mitgenommen."
Natürlich fesselte ihn zunächst das Spiel: "Es geht immer um den Score und das Freispiel. Darum steht normalerweise auf jedem Flipper drauf: Itʼs fun to compete." Und man war natürlich wer, wenn man ein Wizard war. Aber mit dem Beat-Time ist bei Hödl vor allem die Faszination für die Technik gewachsen. Also was tun? Die Kiste öffnen. Aber wie? "Innerhalb der hinteren Verkleidung ist ein Hebel, den man nach links ziehen muss, um den Deckel zu öffnen. Das ist Standard, aber das wusste man oft erst nach einer kaputten Scheibe." Im Inneren befand sich ein unfassbarer Kabelsalat. "Das war die Zeit der Relaistechnik, die Halbleiter kamen ja erst 1977. Ab da wurde der Mikroprozessor eingesetzt mit Digitalanzeigen. Aber wenn man sich die Kabel wegdenkt und die Standardteile, dann ist es nicht mehr so kompliziert", lacht er.
Nachdem er Beat-Time endlich geöffnet hatte, wollte er ihn auch verstehen. "Es gab ja kein Internet damals, keine Youtube-Tutorials, also war ich angewiesen auf reine Beobachtung." Learning by doing. Schauen, was passiert, wenn die Kugel trifft – ah, links oben drei Punkte! "Man musste jeden Automaten mit seinen Eigenheiten verstehen lernen." Wenn er wo klemmte, musste man rütteln.
Technische Neuerungen
Bald verstand Hödl den Beat-Time so gut, dass er sein Hobby zum Beruf machen wollte. "Aber den Beruf eines Automatenmechanikers gab es nicht, daher ging ich nach der Hauptschule zu Siemens und lernte Feinmechaniker bis hin zur Lasertechnologie." Erst als der Betrieb an die burgenländische Grenze verlegt werden sollte, macht er sich endlich selbstständig. Das war 2009.
Die Entwicklung der Flipper verfolgte er stets auf technische Neuerungen hin. Seit den 1930er-Jahren hatten in Amerika drei große Firmen um die Gunst der Pinball-Wizards gebuhlt: Bally verkaufte seinen Ballyhoo über 75.000 Mal zum Stückpreis von 16 US-Dollar, Gottlieb den Baffle Ball über 50.000 Mal, und Williams erfand zum Beispiel 1960 die "Drop Targets", versenkbare Ziele. 1973 wurden die Finger von zwei auf drei Zoll verlängert; die Punkteanzeige wurde digitalisiert; die Motivscheiben waren früher bedruckt, bald waren es nur mehr Fotos, die von hinten beleuchtet wurden; die Rampen kamen dazu, die Beleuchtung wurde auf LEDs umgestellt.
"Zu Anfang", erzählt Hödl, "wurden zeitgeistige Themen wie Urlaub, Strand, Surfen oder Kegeln verarbeitet. Ab den 1970er-Jahren wurden dann Weltraumthemen oder die Mondlandung modern. Hollywood verkaufte Lizenzen für den Terminator oder Robocop. Und von jeder Band, die auf sich hielt, gab es einen Flipper. Ende der 1980er-Jahre war der Boom dann vorbei. Videospiele und der Gameboy, sagen die einen, wären daran schuld gewesen, andere meinen, die Flipper wären einfach zu kompliziert geworden. 1984 sperrte mit Gottlieb die erste große Firma zu, 1999 mit Williams die letzte. "Es gab immer wieder herausragende Modelle", sagt Hödl. "Aber das war wie bei den Autos – nicht jedes wurde zum Oldtimer, und nicht jeder Flipper zum Klassiker."
200 Modelle in der Halle
"In Österreich", sagt Hödl, "gibt es nach wie vor eine kleine, feine Szene", die sich in Vereinen oder bei Turnieren und Meisterschaften trifft, "von 20 Interessierten sind 19 Männer", sagte er, und die wären meist um die 50 Jahre alt. Noch vorhandene Flipper hätten in Kellern oder Garagen überlebt und wurden irgendwann von Hinterbliebenen völlig verstaubt entdeckt, weggeschmissen wurden die wenigsten. Zwei oder drei Stück besäßen viele. Hödl kennt aber auch welche, die 200 Modelle und mehr in riesigen Hallen stehen hätten. Die Gesamtzahl schätzt er auf bis zu 10.000 Stück, "davon sicher die Hälfte im Osten Österreichs."
Wichtig, wenn man einen dieser Flipperautomaten herumstehen hat: "Man muss ihn bewegen! Das ist wie bei einem Auto." Keinesfalls darf man ihn der Witterung aussetzen oder ihn im feuchten Loch lagern. Und: "Wenn er rostet, auf keinen Fall ölen!"
Die Liebe vergeht nicht
Sein Hauptstandbein sind heute Reparaturen dieser wunderbaren Klassiker, ein typischer Auftrag bahnt sich meist so an: "Ich bin auf der Suche nach einer zuverlässigen Wartung für meinen Formel-1-Flipper, macht ihr das?" Oder: "Da steht seit 20 Jahren einer bei mir in der Garage, reparieren Sie den." Die Antwort lautet: "Grundsätzlich ja." Und dann kommt die unvermeidliche Frage: "Was kostet denn das?"
Wenn man sich einigt, schaut Hödl sich an, ob die Substanz erhaltbar ist und ob sich eine Reparatur lohnt. Ein komplettes Service kann 20 bis 30 Stunden in Anspruch nehmen und wird pauschal verrechnet. Was den Einkauf angeht: "Jeder glaubt, er hätte einen Millionenschatz im Keller stehen, und verlangt irre Preise, die sich nie rechnen." Sein (Sammel)-Lager ist trotzdem gut gefüllt, auch das mit den Ersatzteilen.
Verkaufen tut er nur Modelle, die er doppelt besitzt, aber auch die natürlich nicht gerne. Denn die Liebe, die er als Kind zu seinen Flippern entwickelte, verging nicht, im Gegenteil: Sie wuchs ständig. Und wenn er heute wieder mal spielt, dann schafft der Meister bei jedem zweiten Spiel ein Freispiel. Geplant hatten es die Hersteller aber nur für ungefähr jedes zehnte. (Manfred Rebhandl, 4.4.2023)