Anne Bennent
Die Sehnsucht wächst, die Meisen singen", sagt sie am Telefon an einem sonnigen Tag draußen in Gars am Kamp, wo sich der Frühling zwar bereits ankündigt, der Winter aber noch nicht so recht weichen möchte. Den kannte sie gar nicht auf jener griechischen Insel, auf der sie als Kind der Schauspielerfamilie Bennent viel Zeit verbrachte. "Wir hatten ja keinen fixen Wohnsitz, nur die Wohnung der Großmutter, in der sich auch die Bücher der Familie stapelten.
Französische Urlaubslektüre
Die Mutter brachte ihre französischen Bücher ein, der Vater das, was er sich an Literatur und Philosophie angeeignet hatte." Und dann kamen noch die Bücher dazu, die Freunde nach Griechenland mitnahmen, um sie dort im Urlaub zu lesen. "Die haben dann aber bald gemerkt, dass es zu windig war, um sich auf ein Buch zu konzentrieren." Meistens ließen sie die Bücher daher zurück und waren selbst schnell wieder weg, "weil einen dieser Wind auf den Kykladen ziemlich narrisch machen kann". Sie redet vom Meltemi, der von April bis Oktober vom Festland her Richtung Kreta weht und der vorherrschende Wind in der Ägäis ist. In der Türkei heißt er Meltem.
Sie war selten in der Schule damals und hat später nie studiert. "Meine Bildung verdanke ich Begegnungen mit Menschen und den Büchern, die ich gelesen habe. Ich bin darauf angewiesen, dass Geschichten, die wegweisend sind für mich und mich berühren, von anderen geschrieben werden." Von Marlene Streeruwitz etwa, "für deren Handbuch für die Liebe ich ihr wirklich sehr dankbar bin. Ich halte es in einer Zeit, wo Orientierung so schwer zu finden ist und man gar nicht weiß, wohin die Welt gehen wird, für unglaublich hilfreich. Es plädiert dafür, dass die Liebe und das Füreinander im Mittelpunkt der Gesellschaft stehen und sich alles andere daran orientieren sollte. Wenn jeder ihre Gedankengebäude betreten würde, dann könnten wir verstehen, wer und was wir füreinander sind. Es ist ja so geschrieben, dass es ein jeder, der sich noch ein bisschen konzentrieren kann, verstehen müsste." Vielleicht sogar auf den Kykladen, wenn der Meltemi vom Land her weht.