Esther Stocker

Esther Stocker (50) ist italienische Malerin und Installationskünstlerin. Foto: Privat

Der große Comic-Fan wuchs in der Nähe von Schlanders im oberen Vinschgau auf. Obwohl sie dort als Kind häufig auf den Feldern der Eltern arbeiten musste, hat sie auch viel gelesen. "Das war für mich Flucht und Rettung." Weil sie aber nicht so viele Bücher hatte, las sie immer wieder dieselben. In diese schrieb sie vieles hinein, oder sie schrieb sie sogar um: "Bücher, die ich sehr mochte, in denen aber ein paar Sätze standen, die ich nicht leiden konnte." Gerne möchte sie wieder zurück in diesen Zustand, "weil das so ehrlich war. Durch den Zivilisationsprozess geht diese Unmittelbarkeit ja weitgehend verloren." Wie durch die Kolorierung von Comics der Strich der Zeichnung. Auch in ihrer Kunst gibt es nur Schwarz und Weiß.

"Vor allem in der Jugend sind Texte wichtig, die einen ansprechen." Die Göttliche Komödie gehörte für sie damals eher nicht dazu, aber dann lasen sie sie in der Schule: "Als unseres Lebens Mitte ich erklommen, befand ich mich in einem dunklen Wald, da ich vom rechten Wege abgekommen." Und da dachte sie: "Das bin ja ich. Weil man sich als Jugendliche natürlich zeitweise sehr verloren fühlt." Als solche entdeckte sie nach dem Mauerfall Berlin für sich: "Dass wir dort als seltsame Heranwachsende aneinander interessiert waren und alle eine Freude daran empfanden, uns kennenzulernen und miteinander zu reden – das war besonders damals."

Roberto Saviano, der Aufdecker organisierter Kriminalität und als solcher die Hassfigur der Mafia schlechthin, schreibt in seiner Textsammlung Die Schönheit und die Hölle auch über die Gefährlichkeit des Lesens: "Wir erfahren darin – und das ist sehr berührend! –, dass er, der ja eigentlich Literat ist, durch die Sprache überlebt, während er seit Jahrzehnten unter Polizeischutz steht."

Er schreibt sinngemäß, "dass es bei seinen Reportagen und denen von Anna Politkowskaja nicht nur darum geht, die Menschen zu berühren und zu informieren, sondern auch darum, dass diese Texte schön und im eigentlichen Sinne Literatur sein sollen. Und dass ihre Feinde vor dieser Schönheit sogar mehr Angst hätten als vor dem Aufdecken ihrer Verbrechen."

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