Martin Schenk
Während der Sommerferien schickten ihn die arbeitenden Eltern immer zu den Großeltern ins Weinviertel, „das war eine super Zeit!“ Der Großvater, eigentlich Fassbinder, der aber als Hilfsarbeiter bei der ÖMV tätig war, hatte auch Bücher. Mit 13 stieß er auf John Steinbecks Die Früchte des Zorns: „Das Buch habe ich verschlungen, es war urspannend für mich, eine Art Abenteuerroman.“
Hat also ein Klassiker des sozialkritischen und naturalistischen Romans ihn zu dem gemacht, der er heute ist? Er lacht. Jedenfalls hat er sich zu späteren Zeiten immer wieder damit beschäftigt. So nach der Finanzkrise 2008, „wo wieder der amerikanische New Deal besprochen wurde und Roosevelt ständig als Referenz erwähnt wurde.“ Dabei stieß er auf einen millionenschweren Fonds, den dieser damals für Fotografen, Musiker, Schriftsteller und andere Künstler aufgelegt hat, damit diese dorthin gehen konnten, wo sonst niemand hinging - um die Geschichten zu erzählen, die sonst niemand erzählte. „Steinbeck schrieb das Buch mit Hilfe dieses Fonds.“
Und dann wieder, als Bruce Springsteen 1995 sein Konzept-Album The Ghost of Tom Joad herausbrachte, in dem er sich dem Roman widmete. „Darin erscheint der Geist der Hauptfigur aus dem Buch den Leuten, die heute an der mexikanischen Grenze scheitern oder fünf Jobs haben, von denen sie nicht leben können. All die kommen in den Songs vor.“ Später coverten Rage against the Machine den Titelsong.
Was ihm beim Buch noch auffiel: „Steinbeck wechselt immer von der Geschichte des Tom Joad, der sich bei der Bank hoch verschuldet und in Richtung Kalifornien aufbricht, wo er erst recht wieder nur Knecht ist, zu allgemeinen Betrachtungen. Das ist wie in ein Griechischer Chor, der Allgemeines über Armut, über Pächter und Banken erzählt. Oder über die Opferkonkurrenz, die ja den Reichen und Mächtigen immer gelegen kommt. Und wenn es sie nicht gibt, dann wird sie geschürt. Bis heute hat sich daran nichts geändert.“ Auch nicht daran, dass es immer gleich „Neiddebatte!“ heißt, wenn die enormen Vermögen der Reichen oder die Einkommen der heimischen ÖVP-Postenschacher zur Sprache kommen.
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