Tina Zickler
Foto: Privat
Tina Zickler , 60, ist Gründerin des re:pair-Festivals
Erschienen am 11.10.2025 im STANDARD
Sie kam 2012 nach Wien: "Damals gab‘s am Franz-Josefs-Kai 3 noch die Bawag-Contemporary, dort sah ich beim Rausgehen Jugendstilfliesen an der Decke und dachte: Das hab' ich ja noch nie gesehen!" Auf Nachfrage sagte man ihr, dass sie sich am ehemaligen Firmensitz der Brüder Schwadron befände, von denen sie zuvor auch noch nie gehört hatte. Bei ihrer Recherche erfuhr sie, dass die beiden (unter anderem!) das Dianabad "verfliest" hatten – um es vereinfacht auszudrücken. Genaueres kann man im Buch Unsere Baukeramischen Arbeiten im Dianabad nachlesen, das sie sich sogleich besorgte. "Das hat die Firma selbst 1918 anlässlich der Wiedereröffnung des Bades herausgebracht." Mit diesen Fliesen, dachte man vielleicht, würde das Bad für ewig stehen, aber am 31. Oktober 2020 sperrte es für immer zu.
Ihr kam die Idee, eine Ausstellung zum Thema zu machen. Danach folgte eine Handwerksausstellung im MAK. Und in der Auseinandersetzung mit dem Handwerk kam ihr die Idee für das re:pair-Festival: "Man muss sich ja mittlerweile fragen: Was machen wir eigentlich mit unserem Planeten? Dieses ständige Kaufen und die ganze Wegwerfkultur sind ja vollkommen krank!"
Bei Bücherkäufen allerdings kennt sie selbst keine Zurückhaltung, "da will ich gerne der Verschwendung huldigen!". Möglichst viele Leute sollten sich daher auch Frei von Lea Ypi kaufen. Sie kannte davor nichts von der albanischen Autorin, bis sie ihre Rede während der Wiener Festwochen hörte: "Was will ich sein? Was sollte Europa meiner Meinung nach sein? Eine Statue. Oder, um genauer zu sein, der Geist, den diese Statue verkörpert…" Sie bestellte das Buch und war begeistert: "Es ist so intelligent, so humorvoll, und es liest sich so super." Zu der Zeit, in der die Handlung des Buches angesiedelt ist, war sie selbst in ihrer WG im Berliner Wedding, "und als die Mauer fiel, haben wir davon gar nichts mitgekriegt!" Durch die Lektüre von Frei verstand sie auch erst viel später, "wie dieses System in die Köpfe der Menschen dringen konnte", wo es wohl für ewig bleiben sollte. Aber schon am 3. Oktober 1990 sperrte auch die DDR für immer zu.