Ro Raftl

Foto: Zoe Raftl

Ro Raftl, 80, ist Journalistin und (Gesellschafts)kolumnistin.

Erschienen am 27.09.2025 im STANDARD

Sie nennt sich "Lebensphasenleserin mit Suchtverhalten". Schon als 12-Jährige holte sie sich im sogenannten Amerika-Haus in Graz Vom Winde verweht oder alles von Hemingway und Henry Miller. Als Teenager schon verkehrte sie im Forum Stadtpark und begegnete "dem Rudi Josl oder dem Wolfi Bauer, der mit der Sylvia verheirat' war, einer Schuldfreundin von mir, ein narrisches Huhn, Tochter einer Sängerin." Sie besuchte die Schule im Ursulinenkloster: "Da haben alle als Jungfrauen maturiert. Die im Lichtenfels oder im AKG, das waren die Schlimmen." Als sie mit sechzehn in die 7. Klasse des Wiedner Gymnasiums "transferiert" wurde, "war ich endlich mit erdigeren Menschen zusammen."

Schon mit 21 war sie schwanger zu ihrem zweiten Kind: "Da war mir so schlecht, dass ich im Bett alle Bände von Proust gelesen habe, naja, ich war Romanistik-Studentin." Das goldene Notizbuch von Doris Lessing bestärkte sie als 30-Jährige, sich vom Vater der Kinder scheiden zu lassen. Als sie später zusammen mit dem Architekten Johannes Spalt einen Bauernhof am Traunsee renovierte, kam Thomas Bernhard zum Kaiserschmarrnessen, seither ist er fixer Bestandteil aller Bücherwände in allen Wohnsitzen. Während einer Psychotherapie füllte sie diese mit Bänden von Lacan. Seit 28 Jahren durchlebt sie eine "Kuba-Phase, die nicht enden will: Ich lese alles Greifbare über den Ché, Fidel oder die Revolución. Romane von Leonard Padura, Zoé Valdés oder die Schmutzige Havanna Trilogie von Gutierrez."

Als sie für die Wienerin schrieb, "war´s spannende Pflicht, im Café Korb mit Elfriede Jelinek zu reden. Oft war eine andere Elfriede dabei, die Gerstl. So zart, so rothaarig, so witzig und nach außen hin so fröhlich, doch: Alles nur gespielt, sagte sie im Vertrauen. Immer urcool angezogen, dabei hatte sie nie Geld, das Meiste war von Humana. Ein besonders liebenswerter Mensch! Ihre Gedichte begleiten mich seit vierzig Jahren wie die von Kästner, Jandl, Pessoa." Ihr fällt eines ein, es heißt schöner tot sein: "ein baum werden / vögel zu gast haben / das wäre was / worauf man sich freuen könnte." Der Herbst ist da.

https://www.derstandard.at/story/3000000289830/hallo-was-lesen-sie-ro-raftl

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