Jane S. Wonda

Foto: Jane S. Wonda

Ficken ist im Genre das Wort, richtig.”

Jane S. Wonda zählt zu den erfolgreichsten Selfpublisherinnen der deutschen Literaturszene. Ihre Bücher tragen die weiblichen Fans auf der Wiener Buchmesse stapelweise weg. Dort gab Wonda dem unbedarften STANDARD-Autor Einblick in die Welt der Dark Romances.

STANDARD: Sie etablieren in "Five Very Bad Kings" Ihre Handlung in Kingston, der fiktiv renommiertesten Universität der Welt, in der jeder zweite US-Präsident war. Warum?

Wonda: Das nennt man "academy setting", dieses Highschool-Thema gibt es ja schon seit Ewigkeiten. Man versucht, die Handlung aufs oberste Regal zu legen, diese Welt soll sehr anziehend wirken, man soll sich wünschen, dort einzutauchen. Den Plot kann man dann in verschiedene Richtungen entwickeln, also vielleicht der süße Highschool-Typ, den alle Mädchen wollen, das wäre dann New Adult. Damit man aber auch Erotik reinbringen kann, muss man den Plot tendenziell von der Highschool weg zum College bringen, das ist dann Dark Academy.

STANDARD: Die Elite an der Uni ist dann immer männlich und sehr böse?

Wonda: Wir nennen das im Genre "morally grey", die Antagonisten bewegen sich moralisch im Graubereich, sind aber noch nicht ganz düster.

STANDARD: Was wäre denn ganz düster?

Wonda: Stalker-Romance, Mafia-Romance, Psycho-Romance, ein bisschen Dystopie. Das, was man im wahren Leben vielleicht nicht unbedingt haben will, aber worüber man doch mit einem leichten Kribbeln gerne liest.

STANDARD: Männer müssen auch immer eine Gefahr ausstrahlen? Man fühlt sich an manche Männer in der Realität erinnert.

Wonda: Ich orientiere mich nicht an der Realität, diese Männer interessieren mich überhaupt nicht. Und ja, bei Dark Romance ist die Gefahr, die sie ausstrahlen, eben der "darke" Anteil, die Männer müssen Villains sein, Bösewichte wie der Joker bei Batman. Das ist aber keine Romantisierung von Gewalt, als Autorin brauche ich diese Szenen einfach, damit die Leserin versteht, wie böse sie sind. Von da ab muss sich der Villain aber weiterentwickeln, denn unter der bösen Schicht hat er natürlich etwas Anziehendes, nämlich sein Herz, und das ist die Romance. Wir wollen also lesen, wie die Liebe das Böse verändern kann, denn jeder hat eine zweite Chance verdient.

STANDARD: Ein Happy End ist also Pflicht?

Wonda: Und zwar kein Psychothriller-Happy-End, sondern ein richtiges, ein romantisches. Das Versprechen einer Dark Romance ist immer, dass es, egal was vorher passiert ist, am Ende einen Moment gibt, wo der Mann seine Taten bereut, weil die Frau ihn dazu gebracht hat. Sie hat einen besseren Menschen aus ihm gemacht, mit dem sie wirklich eine Liebesbeziehung führen kann mit Heirat, Kindern und allem.

STANDARD: Die Männer sind ja auch alle sehr gut aussehend, sehr muskulös, ihre Wangenknochen gemeißelt, und ihre Geschlechtsteile sind sehr groß.

Wonda: (lacht) Natürlich. Das ist aber auch im Liebesfilmgenre so, da sehen die auch immer supertoll aus, auch die Frauen. Oder sehen wir uns James Bond-Filme an, da sieht er fantastisch aus, auch die Frauen sehen alle fantastisch aus.

STANDARD: Ihre Heldin Marble hingegen ist zunächst "obdachlos" und kommt aus dem "Trailerpark" mithilfe eines Stipendiums an diese Universität.

Wonda: Das ist eben das typische Cinderella-Thema, das ich hier variiere, das ist bei den Leserinnen sehr beliebt, weil man sich damit gut identifizieren kann. Die meisten von uns haben ja selbst auch nicht so viel und kommen tendenziell nicht in diese Welt da oben rein, daher wünschen sie sich mit der Protagonistin, dass die Heldin es schafft. Das soll aber natürlich auf keinen Fall sagen, dass Frauen in der Wirklichkeit zu nichts anderem in der Lage wären, als sich einen reichen Typen zu angeln. Dark Romance ist aber keinesfalls antifeministisch, das Genre verlangt einfach diese Stereotype.

STANDARD: Man liest aber explizit: "Du brauchst nicht studieren, es genügt, wenn du einem Kerl gefällst."

Wonda: Das ist eben genau dieses Gesellschaftskritische, man kann sich dann fragen, warum Männer so reden und denken. Oder: Gibt es vielleicht wirklich Frauen, die Golddigger sind und ihrerseits auch Männer ausnutzen? Damit kann man sich beschäftigen. Ich schreibe allerdings bewusst gegen konservative Vorstellungen an, meine Geschichten drehen sich um starke, selbstbestimmte Protagonistinnen.

STANDARD: Die Männer sind anfangs dominant.

Wonda: Es ist aber nicht diese toxische Dominanz, sondern eine "normale" männliche Dominanz, die wir halt noch aus der Steinzeit mit uns herumschleppen – dass die Männer eben jagen gehen und die Frauen sich um Haus und Hof kümmern. Aber meine Heldinnen ordnen sich nicht unter, sondern leben ihre Wünsche und Bedürfnisse offen aus und bestehen vor allem auf ihrem Recht, ihre Sexualität frei und selbstbewusst zu genießen.

STANDARD: Die Sprache ist dabei explizit pornografisch.

Wonda: Das nennt man im Genre "spicy", und das gehört immer dazu, ohne geht nicht. Die Leserinnen lieben das sehr! Man darf schon sagen, dass Dark Romance eine erotische Literatur ist, die sich viele Leserinnen mit ins Schlafzimmer nehmen, genauso wie Männer halt abends Pornos gucken. Frauen finden genau diese Sprache sehr faszinierend, und dass meine Heldin Marble sich sagt: Warum soll ich denn nicht Sex haben mit attraktiven Typen, wenn ich es will? Das Geld und der Status interessieren sie dabei eben gar nicht.

STANDARD: Es wird gefickt, gebumst und gevögelt mit eindeutiger Tendenz Richtung "ficken".

Wonda: "Ficken" ist im Genre das Wort, genau. Das darf man schon oft benutzen, aber natürlich: Wenn man 400 Seiten schreibt, muss man ein bisschen variieren.

STANDARD: Der "Schwanz" muss groß sein, die "Pussy" klein.

Wonda: Tendenziell ja, das sind halt die ganzen erotischen Elemente, die mit einfließen. Ich habe ganz am Anfang meiner Karriere auch schon erotische Szenen geschrieben, aber nur eine auf 400 Seiten. Dann habe ich einen Erotikroman in die Hände bekommen, aus der Sicht eines Mannes von einer Frau geschrieben, und das war für mich der Zünder, da dachte ich: So muss ich schreiben.

STANDARD: "Heißes Feuer lodert auf der Haut", "Das Herz schlägt bis zum Hals", "Über den Rücken läuft Frösteln" – wie schwer ist es, für die häufigen körperlichen Erregungen auch entsprechende Bilder zu finden?

Wonda: (lacht) Das ist eine sehr große Herausforderung und manchmal wirklich schwierig! Als Autorin muss man sich da halt einfach durchkämpfen.

STANDARD: Würde das ein Mann schreiben, wäre es eine lächerliche Männerfantasie?

Wonda: Genau! Das geht gar nicht, gesellschaftlich gesehen. Das ist unser Genre, Frauen schreiben für Frauen, da haben Männer per se einmal so gar nichts zu suchen.

STANDARD: Sie haben mittlerweile eine Million Exemplare verkauft, die Mädchen beim Büchertisch gehen mit acht oder zehn Büchern weg. Ist das der schönste Teil am Ganzen?

Wonda: Nein. Dass ich vom Schreiben leben kann, das habe ich ja schon lange erreicht, und dass ich mal eine Million Bücher verkaufen würde, das war jenseits meiner Vorstellung. Ich hatte und habe einfach Spaß am Schreiben, der Erfolg ist ein angenehmer Nebeneffekt.

STANDARD: Sie haben Familie, wann schreiben Sie diese Unmengen Text?

Wonda: Ich habe vor einem Jahr mein drittes Kind bekommen, habe ein bisschen Elternzeit gemacht und nicht so viel geschrieben, dafür zwei Unternehmen mit 30 Mitarbeitern aufgebaut. Fürs Schreiben braucht man seine Ruhe, mit drei Kindern ist das nicht so einfach.

STANDARD: Was schreibt sich denn leichter? Gewalt oder Sex?

Wonda: Ich mag die Gewaltszene an sich nicht schreiben, das ist sehr destruktiv, aber das muss schon rein, wir wollen ja das ganze Spektrum. Und für die Sexszenen muss ich mir natürlich immer einen eigenen Raum organisieren, weil da dürfen die Kindern nicht dazwischenkommen!

STANDARD: Ab wann dürfen sie Ihre Bücher denn lesen?

Wonda: Mein Sohn, der ist zwölf, kam jetzt zu mir und wollte unbedingt eines lesen, da meinte ich: Neiiiiin! Eine seiner Freundinnen folgt mir auf Insta, und die weiß mehr darüber, was ich schreibe, als er. Das wird spannend, da muss ich erst schauen, wie ich damit umgehen werde.

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